March 2015 - Rocktimes

Schön, richtig schön war Greyhounds. »Templo Diez ist eine echte Entdeckung.« Bei "Constellations" stehen die Sterne ebenfalls gut, wenn nicht sehr gut. Stillstand ist Rückschritt. Das Sextett entwickelt sich stets weiter, befindet sich in der Meisterklasse und vertieft sich immer mehr in seinem individuellen Stilmix aus Alternative Country, Dark Pop und Cold Wave.

Für eine derart emotionale Musik muss der Hörer ein Faible haben, sonst werden der Konsument und Templo Diez keine Freunde. Neun Lieder bietet die Combo im zweiten Teil der zweiten Trilogie, die mit besagtem "Greyhounds" aus dem Jahr 2011 ihren Anfang nahm. Acht Songs stammen von Pascal Hallibert und der Opener "503 North" ist das Ideen-Ergebnis aller Bandmitglieder.

Dieses Album ist eine wunderschöne Fahrt durch die Nacht, die nicht durchgängig von der Dunkelheit geprägt ist. Templo Diez findet auch Straßen, an denen es Beleuchtung gibt. "Constellations" ist ein Trip durch die Tiefen der Seele, dort, wo sich Gefühle sinnbildlich in einem schwarz-grauen Kaleidoskop ausdrücken, dort, wo Emotionen doch noch den einen oder anderen Farbtupfer abbekommen, dort, wo auch unruhige Momente der avantgardistischen Extrovertiertheit existieren.

Das niederländisch-französisch-italienische Kollektiv Templo Diez hat die Nervenstränge ihrer musikalisch fantastischen Mixtur gebündelt und blickt durch einen Tunnel, an dessen Ende man mit Hilfe klanglich erstklassig umgesetzter Epen das schemenhafte Licht der Befreiung erkennen kann. Auch in etwas kürzeren, filmreifen Fantasien überzeugt die beeindruckende Band.

Wenn die Gezeiten an die Ohren des Hörers klopfen ist "Tide" angesagt, eines dieser Stücke, die die mächtige Kraft des Meeres mit seiner weiß-aufschäumenden Gischt und gleichzeitig auch sehnsüchtigen Verträumtheit der wellenlosen Fluten offenbart. Templo Diez bringt es fertig, Atmosphärisches aus der emotionalen Kältekammer zu servieren und diese Klang-Wanderungen dann doch in sentimentale Wärme zu verwandeln.

Die weiblichen Chorstimmen ergeben einen perfekten Kontrast zu den männlichen Lead Vocals. Hier und da verschmilzt der Gesang zu einer fantastischen Einheit, so wie es musikalisch ebenfalls der Fall ist. Was an dynamischer Melancholie geboten wird, hat faszinierenden Charakter und nach einer in Zeitlupe anschwellenden Dramatik kommt zum Ausgleich eine Art Glockenspiel zum Zuge. Klasse!

"Toll Of The Day" ist nachdenkliche Sinnlichkeit mit elfenhaften Backing Vocals und einer stimmungsvollen Weite, deren Ende vom Auge nicht mehr erfasst werden kann. "Bound" ist ein in sphärischer Schwebe befindliches Lied und nachdem die letzten Töne des fast sieben Minuten andauernden Stücks vom Nebel der Klänge aufgesogen wurden, sieht man förmlich, wie ein See aus Tränen entstanden ist.

In "Down The Road" kreiert man einen Groove, der einem nicht alle Tage begegnet. Diese Komposition ist Anmut pur und ein Lied, das The Walkabouts in ihrer dezenten Auslage noch nicht geschrieben haben. Mit dem Schlusspunkt "No Time To Kill" setzt man mit den fast siebeneinhalb Minuten nicht nur aus der zeitlichen Brille gesehen eine Art Denkmal. In diesem Song fließt die Energie der wehmütigen Klage von musikalisch-hypnotischer Substanz zu fast psychedelischen Ausläufern eines Klang-Kollektivs, bei dessen Höhepunkt eine verzerrt-ruppige E-Gitarre, eine sehnsüchtige Violine und ein depressives Piano schließlich einen Vulkanausbruch imitieren.

"Greyhounds" war schon ein besonderes Ereignis. Mit "Costellations" meldet sich die international besetzte Gruppe Templo Diez mit Macht aus der Tiefe der Seele zurück. Das vorliegende Album nimmt den Hörer mit in eine verzerrte Bilder-Landschaft, wobei es die Combo auf zauberhafte Art und Weise schafft, einen nie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Für Fans des eher dunklen Bereichs der Musik ist diese Platte eine Offenbarung.

(Joachim 'Joe' Brookes)

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